Sprache und Geschlecht

Freitag, 17. Juni 2011

GeMAINsam

Die Universität Vechta startete laut einem Beitrag in der NWZ ein Gendermainstreamingprojekt unter dem Titel "Gemainsam Veränderungen erreichen". Das Projekt soll "ein Diagnoseinstrument (...) entwickeln, mit dem eine Organisation gezielt nach Ansatzpunkten zur Verbesserung des Gender Mainstreaming suchen sowie passende Maßnahmen planen und umsetzen könne." Partner*innen aus den verschiedensten Bereichen und ein hohes Maß an Interdisziplinarität sind die Bausteine des Projektes.

Interessant an dieser Meldung ist jedoch die Verwendung einer sprachlichen Neuschöpfung. "Gemainsam" mit ai ist ein bemerkenswerter Neologismus, der sowohl an Gender Mainstreaming erinnert, als auch dessen Grundidee im Wort "gemeinsam" zusammenfasst. Vielleicht kann mensch in Hinkunft das charakterisierende Beiwort "gemainsam" dann einsetzen, wenn es um Gender Mainstreaming geht. Ein Beispiel: GEMAINSAM versuchten die Schüler*innen der XY eine Projektwoche zum Thema "Gesundheit in der Schule" zu erarbeiten. Bei diesem Beispielsatz würde das Wort "GEMAINSAM" darauf hinweisen, dass das Projekt auch den Prinzipien des Gender Mainstreaming verpflichtet sei.

Samstag, 15. Januar 2011

Neue Formulare des State Departments 1.0.

Es passierte fast schon still und heimlich und ging im Jubel-Trubel der Weihnachtsfeiertage unter. Am 22. Dezember 2010 wurde ein Formular, das die u.s.-amerikanische Außenbehörde, geleitet von Hillary Clinton, benutzt um die Geburt von Auslandsamerikaner*innen verändert ("Consular Report of Birth Abroad"). Dies ist an und für sich nichts Weltbewegendes und doch. Das Ergänzen der Begriffe "Father" (Vater) und "Mother" (Mutter) durch "Parent 1" und "Parent 2" ist ab sofort auf diesem Formular zu lesen. Amerikanische Homosexuelleninitiativen begrüßten diesen Schritt. Natürlich waren- so zumindest ein Artikel der renommierten Washington Post - konservative Kreise wenig "amused" über die neue Sprachreglung.

Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin und aktuelle Außenministerin Hillary Clinton, ehemalige First Lady und Senatorin, gilt seit jeher als Befürworterin von Homosexuellenrechten. Die Angehörigen von homosexuellen Diplomat*innen erhielten unter ihr dieselben Vergünstigungen wie ihre heterosexuellen Kolleg*innen.

Die Veränderung war bisher unbemerkt über die Bühne gegangen. Erst als die "Family Equality Council" über die Änderungen berichtete ging auch der mediale Rummel los.

Kritik von der "Die Rote Fahne"

Dass Kritik an Gender-Maßnahmen von konservativer Seite kommen wurde an dieser Stelle ja bereits mehrmals dokumentiert (Stichwort: FPÖ), dass der Herausgeber der "Die Rote Fahne", ein Internetmedium, das die Tradition von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hoch halten will, Gender Mainstreaming anstößig findet, ist eher seltsam - aber disussionswürdig. Allein der Titel von Stephan Steins Artikel "Gender-Wahn: Das Imperium und seine ideologischen Exzesse" lässt nichts Gutes erahnen. Herr Steins weiß natürlich, dass die oben beschriebene, vom State Department gesetzte Maßnahme vornehmlich homosexuellen Menschen zu Gute kommt. Deshalb betont er gleich zu Beginn seines Artikels, wie wichtig Emanzipation und der Schutz der Minderheiten ist. Sein Bedenken, dass Normierungsversuche und das Zerstören jeglicher "kultureller Selbstbestimmungsrechte des Individuums" durch ein "imperialistisches Bestreben" stattfinden, kann in einer globalisierten Welt, in der sich ein - nennen wir es euphemistisch - westlicher Lebens- und Kulturstil dominant herausstellt, durchaus ernst genommen werden. Der Rest seiner Argumentation ist allerdings "Biologismus" und konservativstes Familien-Rollen-Schema. Ich zitiere:"Die Hegemonie imperialer Ideologie zielt hierbei u.a. auch auf die Negierung und Zerstörung biologisch determinierter und damit korrespondierend kulturell gewachsener Sozialmuster ab. Dem Individuum und seiner natürlichen Sozialisation, u.a. organischen humanen Rollenmustern in der Familie, soll der Garaus gemacht, die Familie als sozialer und ökonomischer Schutzraum zerschlagen werden. " Gerade die Möglichkeit sich als "parent 1" und "parent 2" (Elternteil 1 und 2) zu identifizieren kommt gleichgeschlechtlichen Beziehungen und Familenkonstruktionen ebenso entgegen, wie Familien indem ein Teil sich als Transgender bezeichnet. Auch heterosexuelle Patchworkfamilien ist die Umstellung auf die neue Bezeichnung mit ziemlicher Sicherheit willkommen, da mit dem Begriff "Vater" und "Mutter" immer noch die biologische "Urheberinnenschaft" verknüpft ist. Nicht biologisch determinierbare Elternteile müssen sich ja im gemeinhin als "Stiefvater" oder "Stiefmutter" deklarieren. Steins geht in seiner Argumentation trollig weiter: "Hier werden also Homosexuelle und deren legitime Anliegen nach Emanzipation dazu missbraucht, die biologisch determinierten Rollen von Vater und Mutter aus der gesellschaftlichen Kultur zu tilgen, genauer gesagt zwangsweise zu unterdrücken." Diese Argumentation ist eine "entweder-oder"-Argumentation. Steins spricht quasi homosexuellen Partnerschaften die Elternschaft ab ("biologisch determinierte Rollen). Entweder ist mensch homosexuell oder Eltern - oder so ähnlich. Ähnliches finden wir auch bei Kritiker*innen aus dem rechtskonservativen Lager, mit dem Herr Steins in seinem Selbstverständnis sicher nichts zu tun haben will. Und last but not least. Natürlich ist "Gender Mainstreaming" eine "Top-to-down"-Strategie, was nicht automatisch bedeutet, dass es sich um eine schlechte Regelung handelt. Wachsamkeit ist allemal anzuraten, aber einen Rückfall in ein biologistisches Weltbild ist keine Kritikgrundlage.

Die Rote Fahne

Artikel Washington Post

Samstag, 19. Dezember 2009

Nathalie

Gilbert Becaud besang Nathalie und machte diesen weiblichen Vornamen unsterblich. Anne Fontaine schuf einen Film mit dem gleichen Namen. Und eine Supermarktkette, die für ihre Kampfpreiszone bekannt ist, nennt eines ihrer Eigenprodukte ebenfalls "Nathalie". Es handelt sich dabei um ein Tampon. Mir ist zwar vollkommen schleierhaft, wie man_frau ein Tampon mit einem weiblichen Vornamen verzieren kann, aber vielleich hilft der somit entstandene Grad der Personalisierung über ein nachwievor tabuisiertes Thema zu sprechen.

Nun kam es, dass mir die Packungsbeilage einer leeren Schachtel "Nathalie" (funktioniert doch prima!) in die Hände kam. Als interessierte_r Leser_in weiß ich, dass solche Packungsbeilagen durchaus eine spannende Lektüre darstellen können. Und seit Luise F. Pusch ihren legendären Beitrag "Die Menstruation ist bei jedem ein bißchen anders" 1982 in der Zeitschrift Courage veröffentlichte, wissen alle sprachkritischen Leser_innen: der Teufel/die Teufelin steckt im Detail oder im Beipackzettel. im Falle von Luise F. Pusch handelte es sich um jene Tampons, die die Regel dort aufnehmen, wo sie passiert und die festhielten, dass die Menstruation bei JEDEM ein bisschen anders ist. Prompt schrieb die Pionierin der feministischen Sprachkritik an die herstellende Firma und vermerkte, dass die "Menstruation bei jeder Frau ein bisschen anders" verliefe. Als Dank erhielt Frau Pusch eine Schachtel mit Tampons und den Hinweis, dass man_frau die Produktanleitung gerne ändern werde.

27 Jahre später ist alles in bester feministischer Sprachordnung. "Nathalie" sprach die Kundin in der Packungsbeilage direkt an und benutzt das Höflichkeits-"Sie". Ich muss gestehen, dass ich bei der Lektüre nur auf einen Faux-Pas wartete. Ich wollte 27 Jahre nach Luise Pusch erneut einen nicht gendergerechten Gebrauch in einer Tamponpackungsvbeilage finden. Und was passierte... ich wurde über alle Maßen bestätigt. Die "Wichtige Information für Ihre Gesundheit" enttäuschte mich nicht. Es geht um das so genannte Toxic Shock Syndrom, das bei "Männern, Frauen und Kindern aufreteten kann." Hier ortete ich schon den ersten Hinweis auf meinen Verdacht. "Männer, Frauen und Kinder". Wieso kam es zu dieser Reihung? Warum wurden die Männer zuerst genannt? Heißt es nicht immer Frauen und Kinder zuerst, wenn ein Schiff untergeht. So soll es doch auch bei einer Packungsbeilage für Tampons sein. Frauen und Mädchen sollten doch zuerst genannt werden. Aber diese - zugegeben noch sehr schwache Bevorzugung des Männlichen in einem Produkt, das (fast) ausschließlich von Frauen verwendet wird - war nicht der einzige Verstoß. Weiter im Text hieß es:

"Wenn Sie plötzlich während Ihrer Menstruation hohes Fieber (...) bekommen, Hautausschlag (...), was unwahrscheinlich ist, sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen. (...) Teilen Sie Ihrem Arzt mit, dass Sie Ihre Regelblutung haben. Frauen, die an TSS erkrankt sind, empfehlen wir, vor der weiteren Tampon-Verwendung mit ihrem Arzt zu sprechen."

Abgesehen davon, dass die Texter_innen im letzten Satz den Pfad der direkten Anrede verließen und somit ins Allgemeine und Unpersönlichere gingen - so als wollten die Hersteller_innen der Tampons den Zusammenhang zwischen ihren Produkten und besagter Krankheit auch stilistisch ins Irreale stellen, so erschien mir doch auch die Tatsache interessant, dass die Ärzte wieder einmal männlich sind. Dabei ist gerade die Berufsbezeichnung Arzt/Ärztin ein Musterbeispiel für gendergerechte Sprache. Wenn Sie schon jemals in den Genuss eines Gender Mainstream-Seminars kamen, kennen Sie mit Sicherheit die Geschichte von Vater und Sohn, die einen Autounfall haben, bei dem der Vater stirbt und der Sohn ins Spital geliefert wird. Wenn nicht, sollten Sie sich diese Geschichte von fachkundigen Menschen erzählen lassen und Sie werden verstehen, warum es nicht egal ist ob es sich um einen Arzt oder eine Ärztin handelt.

Vor 27 Jahren war die "Menstruation noch bei JEDEM ein bißchen anders" - heute werden Frauen noch immer zum Arzt und nicht zur Ärztin geschickt.

Mittwoch, 21. Oktober 2009

Und wieder die Binnen-I-Tüpflerei

Vor kurzem wurde in diesem Blog fast schon frohlockend und jauchzend über den Tod des Binnen-I's berichtet. Ein Gaudeamus Igitur, quasi. Die StundentInnen sollten definitiv zu Stundent_innen werden und die Fleischhacker/innen zu Fleischhacker_innen. Denn spätestens seit "Der Knochenmann" von Wolf Haas haben wir gelernt, dass es auch ein so genanntes "drittes Geschlecht" gibt.

Nun hat die Kolumnistin Doris Knecht in einer ihrer Kolumnen (Kurier vom 14. 10. 2009 - zu lesen auf www.dorisknecht.com) es der Mühe für Wert befunden, ein Umfrageblatt, das die Wiener Volksschüler_innen im Rahmen von Wiens größter Schulbefragung vorgelegt bekamen, gendergerecht zu hinterfragen. Besonders die Frage: "Wie kommst du mit deinen Lehrern aus..?" beanstandete Frau Knecht, die offensichtlich mit einer gendergerechten Sprachlesehilfe ausgestattet ist. Das Binnen-I machte Frau Knecht folgerichtig zu seinem Sprachrohr. Dies aus mehreren Gründen: Zum Einen ist die Anzahl der Lehrerinnen wesentlich höher als jene der Lehrer. Man_frau muss das sprichwörtliche Mikroskop auspacken um überhaupt männliche Lehrkörper in Volksschulen zu finden. Zum Anderen habe eine SPÖ-Stadtregierung mit Schwerpuntk Gender Mainstreaming, die verdammte Pflicht auch für eine gendergerechte Sprache in Formularen, Prospekten und Flyern zu sorgen. Zum Dritten scheint es nach wie vor notwenig das gute, alte, von mir bereits ins Jenseits beförderte, Binnen-I zu reinkarnieren. Ein Bestehen auf einer (trans)gendergerechten Schreibung mutet für die meisten kompetenten Schreibenden wahrscheinlich wie Teufelswerk an. Wir sind offensichtlich nach wie vor nach dem Prinzip des "entweder...oder" pepolt. Ein Drittes kann es nicht geben. Nicht zuletzt räumt Frau Knecht in einem vorauseilenden Anflug von Konsilianz (oder vielleicht schon "Konzil"ianz) ein, dass ihre Kritik eine I-Tüpflerei sei. Soweit so gut, soweit so Knecht.

Dass die Kritik auf dem Fuße folgen würde, war ebenso klar. Robert Sedlaczek (hier geht es zum Artikel)behandelt die I-Tüpflerei von Frau Knecht in seiner Kolumne in der staatsgetragenen Wiener Zeitung. Die Wiener Zeitung ist etwas ganz Besonderes: sie ist nicht nur einer der ältesten Zeitungen der Welt, sondern auch eine veritable, österreichische Staatszeitung, die nicht nach dem Munde der Leser/innen schreiben muss/kann/darf/soll.

Die Argumente, die Herr Sedlaczek an den Tag führt sind so alt wie die feministische Sprachkritik - es gäbe ja schließlich, das generische Maskulinum, bei dem sich alle wiederfinden würden und das Binnen-I sei schwer auszusprechen. Nicht zuletzt die Unübersichtlichkeit des Splittings wird angeführt. Lehrerinnen und Lehrer etc. Alles bekannt, alles schon oftmals gelesen. Nicht zuletzt der Hammerhinweis, dass es für den Begriff "gender mainstreaming" kein "deutsches" Wort gäbe, lässt bereits ahnen, worum es dem Herrn Sedlaczek geht.

Besonders schön finde ich ja folgendes Argument:

"Der Einwand, Frauen seien beim generischen Maskulinum nicht mitgemeint, kann ganz leicht entkräftet werden. Nehmen wir an, die Neunjährige fährt mit der Straßenbahn und liest das Schild: "Es ist verboten, während der Fahrt mit dem Fahrer zu sprechen!" Nur ein minderbemitteltes Kind wird annehmen, dass dieses Verbot bei Fahrerinnen nicht gilt."


Es ginge in diesem Beispiel nicht darum, dass das Kind eine Fahrerin munter anquatschen würde, nur weil man_frau mit "dem FahrER" nicht sprechen dürfe, sondern um das Sichtbarmachen von Frauen in der Sprache. Und man_frau denke das Argument von Herrn S. weiter. Dadurch, dass nämlich die deutsche Sprache sehr eindeutige Markierungen für weibliche Personen kennt - meistens durch das Suffix "-in", also in unserem Fall die "Fahrerin" - könnte man_frau in der Tat lesen, dass eh nur männliche FahrER gemeint sind und aus dieser Mehrdeutigkeit Kapital schlagen. Ich habe selbigen Trick einmal in meiner Zeit als PfeifenrauchER angewandt. Das allgemeine Rauchverbotszeichen zeigt nämlich eine durchgestrichene Zigarette und nicht eine durchggestrichene Pfeife. Herrn Sedlaczeks Argumentation folgend müsste für jeden Menschen klar sein, dass es sich um ein allgemeines Rauchverbot handele. Das ist es auch für die meisten Menschen. Die Zigarette meint quasi alle anderen Rauchuntensilien wie Bong, Joint, Pfeife, Wasserpfeife, Zigarre, Zigarillo mit. Da ich schon immer ein Problem mit Verboten hatte, ließ ich meinen "Handofen" im Flur eines so genannten öffentlichen Gebäudes munter qualmen. Der Hinweis von einer ordnungsverliebten Person auf das Nichtraucherschild wurde von mir eben mit selbigem gekontert, dass da nur eine Zigarette durchgestrichen sei... Der Mann drehte sich achselzuckend um... und ging; er murmelte etwas von "unverschämt..."

Also schon allein im Sinne der Eindeutigkeit sollten auf allen öffentlichen Hinweisen beide Geschlechter (am liebsten alle drei) markiert werden und vor allem deshalb, weil Fahrgäste in einem Akt völliger Subversion das Verbotsschild "Während der Fahrt nicht mit dem FahrER sprechen" wortwörtlich nehmen könnten. Die bequatschte Fahrerin könnte sich nicht einmal auf das Schild herausreden und sich selbst als mitgemeint bezeichnen.

Allgemein fehlt mir in beiderlei Beiträgen ein pädagogisches Argument. Wieso sollen Kinder nicht den Umgang mit einer gendergerechten Sprache von Kleinauf lernen? Die ganze Diskussion würde sich dann irgendwann zerschlagen. Kinder und Jugendliche sind sehr sprachsensibel und vor allem Jugendliche zeichnen sich durch einen kreativen Umgang mit Sprache aus. Sie darauf hinzuweisen, dass Geschlechter sich auch in der Sprache niederschlagen, ist durchaus sinnvoll und wer weiß; vielleicht würden sich Diskussionen um das Binnen-I in ein paar Jahren als vollkommen altmodisch erweisen und ich könnte dem Binnen-I eine schöne Leich' bereiten. Aber bis dahin ist noch ein langer Weg.

Übrigens noch der Hinweis an Herrn Sedlaczek: Wikipedia gibt folgende deutsche Entsprechungen für den Terminus "gender Mainstreaming": "Etablieren der Perspektiven sozialer Geschlechter", "geschlechtersensible Folgenabschätzung", "Integration der Gleichstellungsperspektive", "durchgängige Gleichstellungsorientierung" oder wie wäre es mit "Gleichstellung von Geschlechterdiversität". Nur so ein Vorschlag.

Montag, 5. Oktober 2009

Der Tod des Binnen-I's

Die Grünen Andersrum in Österreich schlagen eine neue gendergerechte Schreibung vor, die sich nicht nur an den heterosexuellen Mustern orientiert. Die klassischen Personenbezeichnungen, die entweder mit dem "Binnen-i" oder der "Schrägstrichschreibung" auf Männer und Frauen hinweisen, genügten nicht um ein "drittes Geschlecht" - sprich transgender, inter- sowie transsexuelle Personen - zu bezeichnen. Aus diesem Grund schlagen sie die "underlash"-Schreibung vor. Mit anderen Worten: wir schrieben anstelle von die "Besucher/innen" oder "die BesucherInnen" in Hinkunft "die Besucher_innen". Ein mehr als interessanter Vorschlag, da er dem Gedanken von "Gender" noch näher kommt und die zweigeteilte heterosexuelle Welt aufbricht - auch sprachlich.

In der Vergangenheit hat es auch immer wieder Kritik am "Binnen-I" oder an der Schrägtstrichschreibung gegeben. Besonders das Binnen-I konnte als phallisches Symbol interpretiert werden und war für einige feministische Kritiker_innen kontraproduktiv. Ich selbst benutzte daher lieber die Schrägstrichschreibung - bei der das phallische Argument doch deutlich weniger schlagend war. Die "gap"-Schreibung gefällt mir gut und ich werde sie versuchen in den Schreibgebrauch zu übernehmen.

Artikel zum Thema: DieStandard

Samstag, 29. August 2009

Sprache und Geschlecht...

Und wieder ist es passiert. Der Gebrauch einer geschlechtsneutralen oder geschlechtsabstrahierenden Sprache wird ironisiert. Dass die Ironisierung gerade aus der Feder eines Journalisten des "Spiegel" fließt, finde ich sehr interessant.

Jan Fleischhauer führt einen Weblog unter dem Titel: "Unter Linken. Von einem der aus Versehen konservativ wurde." In einem Beitrag mit dem Titel "Gender Mainstreaming. Geschlechtsneutrale Päderastinnen" zitiert er den Autor/innenvertrag der "Zeitschrift aus Politik und Zeitgeschehen", die einmal wöchentlich erscheint. Die Zeitschrift weist ihre Autor/innen an, geschlechtsneutral zu formulieren. Soweit so gut.

Alles andere ist Polemik. Ich zitiere: "Es scheint so, als ob wir dem Tag nicht mehr fern sind, wo zumindest in den Schriften der Bundesbildungszentrale neben den Päderasten und den Totschläger getreu dem linguistischen Modellprojekt endlich die Päderastin und die Totschlägerin treten. Auch von “Holcaustleugnern und Holocaustleugnerinnen”, bzw. “den Rechtsradikalen und Rechtsradikalinnen” war bis dato in der Mainstream-Presse kaum die Rede, ein Misstand, dem jetzt sicher mit Bundesmitteln abgeholfen wird."
Quelle

Es gibt an und für sich nichts gegen den Gebrauch einer geschlechterneutralen oder geschlechtsabstrahierenden Sprache einzuwenden. Wer, wenn nicht Institutionen der öffentlichen Hand, sollten die Implementierung von Gender Mainstreaming weiterführen. Und gerade die deutsche Sprache kennt in seiner Grammatik ausreichend Mittel, um einen differenzierten und präzisen geschlechtsneutralen oder geschlechtshervorhebenden Sprachgebrauch, zu ermöglichen. Auch ein Blick auf die Bedeutung der einzelnen Wörter erscheint immer wieder als sinnvoll, da es doch Fälle gibt, in denen eine einfache weibliche Pluralbildung nicht reicht. Der Klassiker: die Mannschaft - wenn es sich um eine "Frau"schaft oder ein weibliches Team handelt.

Gerade die von Herrn Fleischhauer angebrachten Beispiele sind nicht würdig, die Diskussion über den politisch korrekten Gebrauch der Sprache respektive die Möglichkeit der Diskriminierungen sachlich zu führen oder gar das sprachliche Gender Mainstreaming zu ironisieren. Dies aus zwei Gründen. (1) Vor allem Personenbezeichnungen im Plural, die keine grammatisch weibliche Form kennen, brauchen keine gesonderte weibliche Form einzuführen: Beispiel: Gäste und Radikale, Leute, Personen uvm. Der Gast ist zwar vom grammatischen Geschlecht aus gesehen "männlich", verweist aber auf beide Geschlechter. Die Redewendung "Bei uns ist der Gast König" könnte also genauso gut lauten: "Bei uns ist der Gast Königin."

Auch die von Herrn Fleischhauer gewählte Form der Rechtsradikalinnen wäre eine kreative Neuschöpfung, die natürlich durchaus zulässig ist, will man/frau den Fokus auf den Umstand legen, dass es sich um weibliche Rechtsradikale handelt. (Übrigens ist die Konstruktion weiblich/männlich + Substantiv natürlich statthaft, wenn es darum geht das Geschlecht der Personen hervorzustreichen. Bsp: Eine Gruppe von männlichen Rechtsradikalen...).

(2) Bei der von Herrn Fleischhauer sicher "witzig" gemeinten Auflistung muss man/frau daher unterscheiden. Bei Totschläger/in und Holoaustleugner/in existieren sehr wohl weibliche Formen. Und es besteht auch außerhalb der Sprache die Möglichkeit, dass eine Frau eine andere Frau oder einen Mann tot schlägt, sprich zur Todschlägerin wird. Abgesehen davon, verweisen die benutzten Personenbezeichnungen auf einen viel zu ernsten Sachverhalt, um damit eine Genderdebatte lächerlich zu machen.

Aber dennoch gerade das Beispiel der Päderasten und Päderastinnen ist ein sehr spannendes. Päderasten sind Pädophile, sprich Menschen, die sich an Kindern vergehen. Dies ist der gemeinsame kleinste Nenner. Päderast hat jedoch auch zusätzlich eine stark homosexuelle Komponente und verweist am ehesten auf Männer, die - ich nehme das Wort bewusst - "Knaben" als Objekt ihrer Lust sehen. Der Päderast in weiblicher Form wäre also etwas unsinnig. Wahrscheinlich will Herr Fleischhauer genau dies hervorstreichen.

Das Einzige, was man/frau der der "Bundeszentrale für Politische Bildung" als Herausgeberin vorwerfen kann, ist, dass sie ihre Autor/innen auffordert die eingesandten Beiträge in einer geschlechtsneutralen Form abzufassen, ohne den Zusatz, dass dies natürlich nur dann anzuwenden ist, wenn es semantisch sinnvoll erscheint. Also bei "Schüler und Schülerinnen eines Mädchengymnasiums" wären die Schülerinnen den Schülern zu bevorzugen - oder wie ich einmal in einer Stellenanzeige gelesen habe: Wir suchen ein "Kindermädchen (m/w)", was genauso ein durchaus kontraproduktiver Einsatz von geschlechtsabstrahierenden Merkmalen ist.

Aber Herr Fleischhauer ironisiert ja nicht die Auswüchse eines falsch verstandenen sprachlichen Gender-Mainstreamings, sondern das gesamte Projekt. Daneben bedient er sich des plattesten aller Killerargumente, i.e. die angebliche Verschwendung von Budget- und Steuergeld: "Auch von “Holcaustleugnern und Holocaustleugnerinnen”, bzw. “den Rechtsradikalen und Rechtsradikalinnen” war bis dato in der Mainstream-Presse kaum die Rede, ein Misstand, dem jetzt sicher mit Bundesmitteln abgeholfen wird."

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Sprache zwischen Männern und Frauen

Und wieder einmal stellt ein Artikel fest, dass Männer und Frauen unterschiedlich sprechen. Dies liegt nicht daran, dass sie in unterschiedlichen Sprachen sprechen, sondern die selbe Sprache unterschiedlich benutzen. Wie sagte ein weiser Mensch: "Nichts ist trennender als die gemeinsame Sprache." Dass Männer und Frauen unterschiedliche Sprachstile benutzen ist eigentlich schon seit Senta Trömel-Plötz bekannt. Frauen kommunizieren indirekter und nicht nur rein lösungsorientiert. Männer direkter und meist lösungsorientiert. Dass die verschiedenen Sprachstile auch eine gewisse Unsicherheit mit sich bringen können, erscheint klar. Ganze Kaberettprogramme leben von diesem Thema. Besonders dann, wenn das sprachliche Verhalten eines Mannes von einer Frau beispielsweise negativ bewertet wird - und vice versa. Die Intention wird meist übersehen.

Die Zeitschrift FOCUS bietet in ihrer Online-Ausgabe eine Übersetzungshilfe, damit sie frei von Missverständnissen kommunizieren können. Viel Spaß damit.

Link: Focus Online

Donnerstag, 13. Dezember 2007

gendern - Ein Unwort des Jahres

Es hat sich in den letzten Jahren die (Un)Sitte etabliert, den letzten Kalendermonat nicht nur zum Punschtrinken und Weihnachtsfeiern zu verwenden, sondern auch diverse Auszeichnungen im Sinne "Menschen des Jahres" oder "Fußballer des Jahres" oder eben auch "Wörter und Unwörter des Jahres" zu verleihen. Damit sollen Menschen, Wörter und Taten, die einer bestimmten Jury besonders (un)sinnvoll erschien ausgezeichnet werden. Bei der Wahl zum Wort oder Unwort des Jahres, die in Deutschland und Österreich separat läuft, werden Wörter, die besonders oft und penetrant benutzt wurden, in derartigen Listen geadelt und getadelt. Auch Sprüche werden prämiert. So galten die englischen Neo-Floskeln von Minister a.D. Hubert Gorbach bereits als heiße Anwärter auf die begehrte Trophäe. Auch das berühmt-berüchtige "Komasaufen" fand Eingang in die Liste. Bei einem Wort musste ich jedoch zweimal schauen. Sie ahnen es: Es geht ums "gendern". Rudold Muhr, seines Zeichen Germanist, Fachmann für deutsch-österreichische Sprachver(w)irrungen und Aushängeschild der Un/Wortwahl, argumentiert wie folgt:

„Lehnwort aus dem Englischen steht ursprünglich für Maßnahmen, die die Gleichberechtigung der Frauen in der Gesellschaft fördern und Diskriminierungen abbauen sollen.Zum Unwort wird es nicht durch die Sache, sondern allein durch die gegenwärtige Praxis von Firmen, Institutionen und Behörden die die Gleichberechtigung von Frauen vielfach auf sprachliche Maßnahmen reduzieren und damit zu einer reinen Alibihandlung machen. Der Begriff und damit verbundene Maßnahmen ändern in der gegenwärtigen Praxis allerdings nichts an der deutlich geringeren Bezahlung oder an den schlechteren Aufstiegschancen für Frauen. Eine an sich gute Sache, die auf die Gleichstellung von Mann und Frau abzielte wird so aufgrund der Praxis in ihr Gegenteil verkehrt gleichzeitig aber der Anschein von Gleichberechtigung erweckt.“

Die Begründung scheint nicht ganz falsch. Nur weil überall die Rede von "gendern" ist, muss noch lange nichts passieren und weil die Sprachpolizei der political correctness den richtigen Sprachgebrauch will, muss sich erst recht noch lange nichts ändern. Aber irgendwo muss angefangen werden und bei der Sprache ist es nun einmal einfacher. "gendern" bedeutet ja meines Erachterns "Gender Mainstreaming umsetzen". Dass nicht überall "Gender Mainstreaming" drin ist, wo "gendern" draufsteht ist sicherlich keine Neuigkeit, wobei es beim "gendern" wie bereits gesagt nicht explizit um Frauenförderung an sich geht, sondern um die Möglichkeiten und das Bedenken beider Geschlechter in den verschiedenen Kontexten. Und das wird bei aller Wertschätzung des Feminismus allzu oft einseitig gemacht. Von beiden Geschlechtern.

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