Neue Formulare des State Departments 1.0.

Es passierte fast schon still und heimlich und ging im Jubel-Trubel der Weihnachtsfeiertage unter. Am 22. Dezember 2010 wurde ein Formular, das die u.s.-amerikanische Außenbehörde, geleitet von Hillary Clinton, benutzt um die Geburt von Auslandsamerikaner*innen verändert ("Consular Report of Birth Abroad"). Dies ist an und für sich nichts Weltbewegendes und doch. Das Ergänzen der Begriffe "Father" (Vater) und "Mother" (Mutter) durch "Parent 1" und "Parent 2" ist ab sofort auf diesem Formular zu lesen. Amerikanische Homosexuelleninitiativen begrüßten diesen Schritt. Natürlich waren- so zumindest ein Artikel der renommierten Washington Post - konservative Kreise wenig "amused" über die neue Sprachreglung.

Die ehemalige Präsidentschaftskandidatin und aktuelle Außenministerin Hillary Clinton, ehemalige First Lady und Senatorin, gilt seit jeher als Befürworterin von Homosexuellenrechten. Die Angehörigen von homosexuellen Diplomat*innen erhielten unter ihr dieselben Vergünstigungen wie ihre heterosexuellen Kolleg*innen.

Die Veränderung war bisher unbemerkt über die Bühne gegangen. Erst als die "Family Equality Council" über die Änderungen berichtete ging auch der mediale Rummel los.

Kritik von der "Die Rote Fahne"

Dass Kritik an Gender-Maßnahmen von konservativer Seite kommen wurde an dieser Stelle ja bereits mehrmals dokumentiert (Stichwort: FPÖ), dass der Herausgeber der "Die Rote Fahne", ein Internetmedium, das die Tradition von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht hoch halten will, Gender Mainstreaming anstößig findet, ist eher seltsam - aber disussionswürdig. Allein der Titel von Stephan Steins Artikel "Gender-Wahn: Das Imperium und seine ideologischen Exzesse" lässt nichts Gutes erahnen. Herr Steins weiß natürlich, dass die oben beschriebene, vom State Department gesetzte Maßnahme vornehmlich homosexuellen Menschen zu Gute kommt. Deshalb betont er gleich zu Beginn seines Artikels, wie wichtig Emanzipation und der Schutz der Minderheiten ist. Sein Bedenken, dass Normierungsversuche und das Zerstören jeglicher "kultureller Selbstbestimmungsrechte des Individuums" durch ein "imperialistisches Bestreben" stattfinden, kann in einer globalisierten Welt, in der sich ein - nennen wir es euphemistisch - westlicher Lebens- und Kulturstil dominant herausstellt, durchaus ernst genommen werden. Der Rest seiner Argumentation ist allerdings "Biologismus" und konservativstes Familien-Rollen-Schema. Ich zitiere:"Die Hegemonie imperialer Ideologie zielt hierbei u.a. auch auf die Negierung und Zerstörung biologisch determinierter und damit korrespondierend kulturell gewachsener Sozialmuster ab. Dem Individuum und seiner natürlichen Sozialisation, u.a. organischen humanen Rollenmustern in der Familie, soll der Garaus gemacht, die Familie als sozialer und ökonomischer Schutzraum zerschlagen werden. " Gerade die Möglichkeit sich als "parent 1" und "parent 2" (Elternteil 1 und 2) zu identifizieren kommt gleichgeschlechtlichen Beziehungen und Familenkonstruktionen ebenso entgegen, wie Familien indem ein Teil sich als Transgender bezeichnet. Auch heterosexuelle Patchworkfamilien ist die Umstellung auf die neue Bezeichnung mit ziemlicher Sicherheit willkommen, da mit dem Begriff "Vater" und "Mutter" immer noch die biologische "Urheberinnenschaft" verknüpft ist. Nicht biologisch determinierbare Elternteile müssen sich ja im gemeinhin als "Stiefvater" oder "Stiefmutter" deklarieren. Steins geht in seiner Argumentation trollig weiter: "Hier werden also Homosexuelle und deren legitime Anliegen nach Emanzipation dazu missbraucht, die biologisch determinierten Rollen von Vater und Mutter aus der gesellschaftlichen Kultur zu tilgen, genauer gesagt zwangsweise zu unterdrücken." Diese Argumentation ist eine "entweder-oder"-Argumentation. Steins spricht quasi homosexuellen Partnerschaften die Elternschaft ab ("biologisch determinierte Rollen). Entweder ist mensch homosexuell oder Eltern - oder so ähnlich. Ähnliches finden wir auch bei Kritiker*innen aus dem rechtskonservativen Lager, mit dem Herr Steins in seinem Selbstverständnis sicher nichts zu tun haben will. Und last but not least. Natürlich ist "Gender Mainstreaming" eine "Top-to-down"-Strategie, was nicht automatisch bedeutet, dass es sich um eine schlechte Regelung handelt. Wachsamkeit ist allemal anzuraten, aber einen Rückfall in ein biologistisches Weltbild ist keine Kritikgrundlage.

Die Rote Fahne

Artikel Washington Post

Aktuelle Beiträge

Platzmangel
Aus gegebenem Anlass: Manderl und Weiberl wird weitergeführt...
spruecheklopfer - 1. Okt, 06:27
Sylvie Francoise Van...
Neulich besprach ich in einer lustigen Runde das Thema...
spruecheklopfer - 25. Sep, 11:54
Pulloverausziehen als...
Das fand ich auch rasend komisch. Manueller Trackback: http://alteeule .blogage.de/entries/2011/9 /19/Ein-Tatort-und-die-Art -einen-Pullover-auszuziehe n
eule70 (Gast) - 21. Sep, 01:14
Tatort entdeckt Intersexualität...
Der "Tatort" ist nicht nur Krimi, sondern auch Gesellschaftsportrait....
spruecheklopfer - 20. Sep, 19:50
Eine OTS-Aussendung zum...
Es ist ja nicht unsere Sache hier im Weblog, komplette...
spruecheklopfer - 16. Sep, 18:59

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6060 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 1. Okt, 06:27

Credits


Arbeitsmarkt
Aufgelesen
Cartoon
Gender und Geld
Ideologische Spielwiese
Kommunikation
Kurz notiert
Lexikon
MIszellen
Produkte für den Mann
Produkte für die Frau
Produkte für Sie und Ihn
Sprache und Geschlecht
Transgender
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren