Und nun Krüger...

Was ist denn nur los in Deutschland? Nachdem sich Frauen- und Familienministerin Schröder und Feministin Schwarzer in die Haare kriegten, steht nun ein Mann im Kreuzfeuer der Kritik - wobei mensch um genau zu sein zu wollen, von "Kreuz"feuer sprechen müsste.

Thomas Krüger - seines Zeichen Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung" in der Bundesrepublik Deutschland - hielt anlässlich einer Tagung eine Eröffnungsrede. Dies ist an und für sich nichts Ungewöhnliches. Auch, dass politische Bildung sich mit Fragen von Gender und Geschlecht beschäftigt dürfte keinesfalls so abwegig sein.

Thomas Krüger war allerdings bei seiner Eröffnungsrede zur Tagung "Das flexible Geschlecht: Gender, Glück und Krisenzeiten in der globalen Ökonomie, Berlin 28.-30. Oktober 2010" so unvorsichtig eine kleine Tour d'horizon über wichtige Stationen des Feminismus zu machen.

Auch dies wäre noch kein Problem, hätte er in Bezug auf Deutschlang nicht die Namen Rosa Luxemburg und Clara Zetkin in den Mund genommen. Krüger im Zitat:

"In Deutschland kämpften Feministinnen wie Clara Zetkin und Rosa Luxemburg für Gleichberechtigung und das Frauenwahlrecht. Luxemburg war es auch, die schon früh auf das Versäumnis der Frauenfrage im Kampf um soziale Gerechtigkeit verwies und vice versa. Darauf verweist das folgende Zitat: "Haben die Sozialisten sich lange um die Frauenfrage als zentrale zu drücken versucht, haben später die bürgerlichen Feministinnen die Hegemonie erlangt und wiederum die Klassenfrage ignoriert
."

An und für sich - soweit ich historisch informiert bin - keine falsche Einschätzung. Zudem ist klar, dass die Arbeiterbewegung auch in Österreich der so genannten Frauenfrage wenig Priorität einräumte. In Österreich waren es dann Adelheid Popp und Therese Schlesinger-Eckstein, die weibliche Prioritäten innerhalb der Arbeiter*innenbewegung setzten, allerdings sind diese nicht als klassische Sozialistinnen/Kommunistinnen in die Geschichte eingegangen.

Aber zurück zu Thomas Krüger. Der noch größere Fehler war es die Frauenpolitik der DDR inklusive Abtreibungsmöglichkeit bis zum dritten Monat zu loben. Wieder Krüger im Zitat:

"In der DDR galten Geschlechterunterschiede mit dem sozialistischen Gleichheitspostulat quasi als überwunden. Die beinahe Vollbeschäftigung von Frauen und die flächendeckende staatliche Kinderbetreuung ließen in Westdeutschland heiß debattierte Themen um arbeitenden Mütter und Selbstverwirklichung im Job obsolet erscheinen. Abtreibung war bis zum dritten Schwangerschaftsmonat straffrei. Doch auch in der DDR wie heute im wieder vereinten Deutschland kam den Müttern zumeist die Doppelverantwortung für Kindererziehung und Erwerbstätigkeit zu, allerdings mit dem Unterschied, dass durch die Posteriorität der Ernährer-Ehe viele Frauen kurzerhand den Männern die Tür wiesen und das Familienunternehmen komplett selbst in die Hand nahmen."

Ich habe mir die Freiheit genommen, die Zitate etwas ausführlicher zu zitieren und nicht nur auf den Satz mit der Abtreibung hinzuweisen, der vor allem die christlichen Funktionär*innnen und katholischen Glaubenshüter*innen erzürnt. Es sind dann auch die üblichen Verdächtigen, die das Wort "Freiheit" auf ihren Bannern tragen, die Pro-Abtreibungsäußerungen und positive Erwähnungen der Arbeiter*inndenbewegung und ihrer Protagonist*innen gleich mit Rücktrittsrufen und Schmähungen bedenken.

In der "Jungen Freiheit", einer deutschen Wochenzeitung, die von einigen Kommentator*innen als Sprachrohr der "Neuen Rechten" gehandelt wird, wehrt sich der bayrische Landtagsabgeordnete Goppel (CSU) natürlich gegen die Hinweise, die die DDR und Zetkin/Luxemburg betreffen. Auch die Internetzeitung "Freie Welt", die vom Institut für stategische Studien in Berlin, getragen wird, kocht zwei Wochen nach dem die Rede gehalten wurde, das Süppchen um die angeblichen Verfehlungen von Herrn Krüger hoch. Es seien insbesondere katholische Verbände und Funktionäre, die den Rücktritt von Herrn Krüger forderten. Der druck auf Krüger wächst und so gibt es ein Wechselspiel der Gender-Themen. Schwarzer vs. Schröder, PID am Parteitag der CDU und katholische Politiker*innen gegen Thomas Krüger. Es scheint also rund zu gehen in good old Germany, zumindest im Bereich Feminismus.

Ich kann zwar für meinen Teil nichts Anrüchiges an den Ausführungen von Herrn Krüger finden. Aber zum besseren Verständnis sei angeführt, dass Thomas Krüger SPD-Mitglied ist, als junger Mann in Berlin für seinen Freikörperkultur-Wahlkampf für Furore sorgte, in der DDR aufwuchs und offensichtlich kein Problem damit hat, sich mit der Kirche (evangelisch/katholisch) anzulegen, zumal er selbst Theologie studierte. Im Übrigen ist seit dem Jahr 2000 der Präsident der Bundeszentrale.

Link zur Rede von Thomas Krüger

Aktuelle Beiträge

Platzmangel
Aus gegebenem Anlass: Manderl und Weiberl wird weitergeführt...
spruecheklopfer - 1. Okt, 06:27
Sylvie Francoise Van...
Neulich besprach ich in einer lustigen Runde das Thema...
spruecheklopfer - 25. Sep, 11:54
Pulloverausziehen als...
Das fand ich auch rasend komisch. Manueller Trackback: http://alteeule .blogage.de/entries/2011/9 /19/Ein-Tatort-und-die-Art -einen-Pullover-auszuziehe n
eule70 (Gast) - 21. Sep, 01:14
Tatort entdeckt Intersexualität...
Der "Tatort" ist nicht nur Krimi, sondern auch Gesellschaftsportrait....
spruecheklopfer - 20. Sep, 19:50
Eine OTS-Aussendung zum...
Es ist ja nicht unsere Sache hier im Weblog, komplette...
spruecheklopfer - 16. Sep, 18:59

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Status

Online seit 6056 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 1. Okt, 06:27

Credits


Arbeitsmarkt
Aufgelesen
Cartoon
Gender und Geld
Ideologische Spielwiese
Kommunikation
Kurz notiert
Lexikon
MIszellen
Produkte für den Mann
Produkte für die Frau
Produkte für Sie und Ihn
Sprache und Geschlecht
Transgender
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren