Desperate Housewife wirbt für Spar

Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Doch, wenn ich den Begriff Hausfrau höre, denke ich nicht an das sprichwörtliche Heimchen am Herd, sondern an die glamourösen Damen aus der U.S.-amerikanischen Serie mit dem Titel „Verzweifelte Hausfrauen.“ Es ist schon komisch, wie eine Fernsehserie einen Begriff prägen, verändern und umdeuten kann. Wie dem auch sei. Die Serie zeigt eine typisierte Vorstadtidylle der gehobenen Mittelschicht – ein Raum, wie es ihn bei uns höchsten in gut situierten Reihenhausbereichen in den urbanen Speckgürteln gibt. Die Akteurinnen sind perlenkettentragende, gut situierte, sehr schlanke Frauen mit ausdrucksvollen Wangenknochen und perfekten Frisuren, die trotz – oder gerade wegen ihrer titelgebenden Verzweiflung - versuchen „Familie“ zu leben – ein Frauentypus, der bei uns eher selten sein dürfte. Dabei dreht die Serie um die kleinen und großen Geheimnisse, die hinter weißgestrichener Veranda und perfektem Vorgarten stattfinden. Das Zerbröseln traditioneller Familienvorstellungen ist ebenso Thema, wie das menschliche Ränke- und Machtspiel. Und wer Macht sagt, meint auch Sex. Dumma summarum: Die Serie zeigt eine vorgelebte Frauensolidarität, die äußerst fragil ist.

Die österreichische Lebensmittelkette und Supermarkt SPAR hat sich nun den „Desperate Housewife“-Effekt zum wiederholten Mal für eine Werbekampagne zu Nutze gemacht. Als „role model“ konnte die beauftragte Werbeagentur Marcia Cross, die „Bree“ aus den Housewives, die für Perkektionismus steht, gewinnen. Der erste Sport bewarb die Waschmittelhausmarke des Konzerns, der zweite die Fertigspeisenlinie. Der Gag der Werbespots besteht nicht nur im direkten Bezug auf die beliebte Fernsehserie, sondern auch in einer Doppelrolle. „Bree“ spricht mit ihrem Alter Ego: Von Perfektionistin zur Perfektionistin. Ein Fall von (Selbst)ironie? Nur bedingt.

Der Spot für Waschmittel stellt den Perfektionismus der Figur in den Vordergrund. Der Trick funktioniert auch deshalb, weil das Wort „perfekt“ mehrere Male fällt. Nur nebenbei und am Rande bemerkt: die Verbreitung des Wortes „perfekt“ zwecks Bestätigung einer Aussage hat das allgemeine „gut“ oder „ok“ abgelöst. Alles ist nun mehr „perfekt“...

Bei den Fertiggerichten ist die Story ähnlich – jedoch anders ausgearbeitet.
Bree besucht Bree, die angeblich Gäste empfängt. Es beginnt mit einem Verweis auf den ersten Spot. Bree bringt Wäsche vorbei. Der Dialog zwischen den beiden „Brees“ beginnt:
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„Hallo, ich bin es wieder. Du errätst nie, was ich entdeckt habe....Dein Geheimnis.“
„Oh Darling, das ist wundervoll. Komm doch bitte herein.“
„Ich hoffe, ich stör' dich nicht.“
„Überhaupt nicht, ich erwarte viele Gäste zum Essen, aber erst in einer halben Stunde.“

Beide Brees gehen in die aufgeräumte, weitläufige Luxuswohnküche

„Was ist denn hier los?“


Bree 1 schaut in die leeren Töpfe.

„Oh... Gar nichts drin. Aber hast du nicht gesagt, du hättest in einer halben Stunde Gäste. Wie machst du denn das schon wieder.“
„Aber Darling, du weißt doch...“
„Nicht schon wieder ein Geheimnis.“


Rieseneiskasten mit Fertiggerichten wird geöffnet
Simme aus dem OFF

„Perfekte Hausfrauen haben oft mehr als nur ein Geheimnis.“

Kennt man_frau den ersten Werbespot nicht - oder sieht man_frau nur die Plakatreihe, die mit dem Spruch „Perfekte Hausfrauen haben oft mehr als nur ein Geheimnis“ für die Fertiggerichte werben, wird der eindeutige Bezug, der im Werbefilm hergestellt wird, ein mehrdeutiger. Hausfrauen und Geheimnisse bezieht sich direkt auf die Serie, in der es immer ein Geheimnis gibt. Dies ist der Subtext für die Kenner_innen des Sendeformats und soll die Fans ansprechen. Sind diese Bezüge nicht bekannt, wird die Message eine andere. So wird unterschwellig das Bild der „grünen Witwe“ transportiert (Stichwort Geheimnis). Zumindest jenes der Hausfrau, die nicht allzu viel zu tun hat und dennoch in großem Luxus lebt. Übrigens ist Marcia Cross nicht der einzige internationale Star, der für die Sparkette Werbung macht. Die Kosmetikserie wirbt mit Cindy Crawford – sie übernimmt den Part von Heidi Klum.

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