Sonntag, 24. Juli 2011

Nationalhymne... ein Sommerloch

Es ist Sommerzeit. Und Sommerzeit heißt, dass man/frau Themen auf die Tagesordnung stellen muss, die das selbstherbeigeschriebene Sommerloch füllen sollen. Als hätten wir nicht genug Gesprächsstoff, muss nun ein Thema, das eigentlich schon gegessen ist, künstlich ausgedehnt werden und zwar dergestalt, dass soger der österreichische Bundespräsident, der an und für sich für seine Diskretion in Sachen Tagespolitik bekannt ist, genötigt wird, einen Kommentar abzugeben.

Wie im vorhergehenden Beitrag angedeutet, war ich der Meinung, dass nun endlich das Thema gendergerechte Nationalhymne durch sei. Aber nein. Dem ist nicht so. Schließlich ist ja Sommerlochzeit.

Sascha Bem - seines Zeichen Chefredakteur von www.relevant.at geht sogar noch weiter. Unter dem Hinweis, dass Hymnen"Liedtexte sind [...] verkürzt, mitunter abstrakt, gerne naiv und ganz sicher nie vollständig" macht Herr Bem das Thema wieder auf. Bem weiter: "Das macht sie auch für wenig kunstsinnige Menschen leicht unterscheidbar von Enzyklopädien. (Texte von Hymnen tendieren darüber hinaus immer zu einer gewissen Plumpheit.)"

Das mit der Plumpheit lassen die Erben von Paula von P. aus dem Hause Molden sicherlich nicht gelten. Aber es sei drum. Auch wenn Bem die gesamt Debatte ironisieren will und als Zeitverschwendung abtut, sind seine kabarettistisch und überzeichnend gemeinten Einwände nicht von der Hand zu weisen. Mit anderen Worten ich nehme Herrn Bems Wortmeldung durchaus ernst. Bem weiter:

"Aber warum gehen wir in der Causa Bundeshymne nicht weiter?

Land der Berge
- aber natürlich auch der Täler sowie Ebenen, Hügelland nicht zu vergessen, ahja und die Seen sind auch schön!
Land am Strome
– und es gibt bei uns noch mehr Flüsse, nicht nur DEN Strom, DIE Donau. Land der Bäche.
Land der Äcker
- obschon wir Weideflächen, Weingärten, Wälder und Auen sicher nicht geringschätzen!
Land der Dome
- der Synagogen, der Moscheen... und der Plätze, an denen sich Agnostiker treffen.
(...)
Heimat bist du großer Söhne
- und großer Töchter; auch weniger "große" seien besungen; fern liegt es uns, schwer zuordenbaren Transgender-Nachwuchs auszuklammern. usw. usf."


Nun möchte ich mich an dieser Stelle an der Sommerlochdebatte beteiligen und Herrn Bem antworten:

Hymnen sind in erster Linie einmal für die Menschen da. Sie sind ein Stück Identifikation, Werthaltung und in jedem Falle eine Übertreibung. Tatsache ist, dass die Berge in Österreich eine gewisse Besonderheit haben, denn es ist immer noch spannender und schwieriger einen Berg zu besteigen als ein Tal zu durchwandern oder warum glauben Sie, dass bei der Österreichrundfahrt die Großglockneretappe als die Königstetappe gilt. Nebenbei bemerkt können wir diese Etappe auch gerne genderspezifisch als Königsetappe belassen, da bei der Österreichrundfahrt im Normalfall nur Männer zugelassen sind. Und wie schon gesagt: Hymnen sind kondensierte Wertvorstellungen. Bergbesteigungen zählen mehr als Täler- oder Steppendurchwanderungen. Dass man/frau in Hymnen gerne übertreibt ist Ihnen wohl auch klar. Hymnen dienen nicht nur der Identifikation, sondern auch dem Gemeinschaftsgefühl und der Aufwertung. In Österreich wundert es mich sowieso, dass die Hymne mit so wenig Raunzen auskommt. "Land der Berge, naja immerhin". "Land der Dome, wir haben zumindest den einen oder anderen" oder so ähnlich. Die Deutschen müssten ihre Hymne ja schon in der ersten Zeile ändern: "Deutschland, Deutschland über alles..." Bei Sportturnieren wird diese Hymne dann gerne (selbst erlebt) als "Deutschland, Deutschland gewinnt alles..." umdefiniert. Jetzt werden Sie sagen: Typisch Piefke. Mag schon sein. Aber alleine diese Zeile vermittelt ein Selbstwertgefühl. Wie wenig Selbstbewusstsein muss ein Land wie Österreich haben, dass es den großen Töchtern nicht gedenken will - und daraus sogar ein Riesenpolitikum macht. Eine Nationalhymne dient wie gesagt der Identifikation. Berge und Dome und Ströme sind vorhanden. Die großen Töchter werden aber nicht einmal erwähnt - und Österreich verfügt doch über große Töchter. Die gleiche Diskussion gibt es ja auch im die "Ode an die Freude", wo alle Menschen "Geschwister" werden sollten.

Aber der Hinweis von Herrn Bem, dass sowohl andere Religionsgemeinschaften, als auch Transgender und Transsexuelle in der Hymen nicht vorkommen, ist natürlich nicht von der Hand zu weisen. Schon alleine aus Diversitygründen nicht. Daher lautet mein Vorschlag. Hymnen werden ab sofort nicht mehr gesungen. Es gilt nur mehr die Melodie. Im Übrigen machen wir den Sportler*innen dann auch einen Gefallen. Sie müssen nicht mehr Text lernen.

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