Mittwoch, 13. Oktober 2010

Werbung ersetzt Gender Mainstreaming

"Die Freie Welt" ist durchaus eine lesenswerte Sache. Vor allem empfinde ich es als wichtig nicht immer Dinge zu lesen, die die eigene Meinung bestätigen. Auch Kontroverses kann durchaus den Geist stärken und bisweilen die eigene Position ergänzen.

Frau Kelle vertritt so eine Meinung. Sie wehrt sich offensichtlich gegen den "Gender-Wahn", was mich in meiner Vorurteilshaftigkeit immer an irgendwelche Rechtsaußenpositionen denken lässt.

Der von ihr verfasste Beitrag aus "Die Freie Welt" trägt den sicherlich reißerischen Titel: "Die Männer sind die neuen Frauen." Die These, die Frau Kelle vertritt, ist eine relativ einfache. Durch Werbung kann mensch sehen, dass sich die Rollenbilder verändert haben. Die Männer würden ihre weibliche Seite annehmen und leben. Sie geht sogar so weit, den Wahlkampf zwischen Obama und Clinton als einen Kampf zwischen zwei Frauen zu bezeichnen. Clinton nämlich als Frau, die unbedingt ihren Mann stehen wollte und dementsprechend tough auftrat und Obama, der seine "weibliche" Seite in den Vordergrund stellte und nicht starre Männlichkeitsphantasien eines Commander in Chief.

Aber das Stichwort ist ja die Werbung und der Markt. Frau Kelle referiet, dass jene Brands am wertvollsten seien, die als "Humine" gesehen werden würden; also Marken, die sowohl "human" als auch "feminine" seien. Es würden eben heute in der Werbung andere Maßstäbe gesetzt. Der Marlboro Man sei definitiv out. Die Entdeckung von Frauen als bestimmende Käuferschicht in vielen männlichen Bereichen und die Männer als potentielle Zielgruppe für klassisch weibliche Produkte haben dies sicherlich noch befördert. Dem kann eigentlich nicht wirklich widersprochen werden. Gender Mainstreaming also Hand in Hand mit einer Konsumideologie. Ein sehr amerikanisches Denken. Zuerst kommt der Erfolg, dann die Ideologie. Um Frau Kelle einmal selbst zu Wort kommen zu lassen:

Und diese Annäherung des typisch Männlichen an das – bislang - typisch Weibliche lässt sich an unzähligen Beispielen beobachten. Männer und rosa Hemden ist eines davon. Heute in allen Farbnuancen auch bei gehobenen Herrenaustattern zu haben, waren sie noch vor zehn Jahren höchstens für schräge Vögel oder vielleicht homosexuelle Männer öffentlich tragbar. Heute ist die Farbe bis in die Chefetagen etabliert und Mode ist generell keine Frauendomäne mehr. Jogi Löw trägt taillierte Hemden und blaßblaue Seidenpullöverchen am Spielfeldrand. Die Männer respektieren ihn, manche kopieren ihn und die Frauen finden ihn irgendwie niedlich. Da ist er wieder: Der „Ach-wie-ist-der-süß-Effekt“– irgendwie stereotyp aber offenbar wahr und überraschend: Er schreckt Männer nicht ab.


Aber geht es wirklich darum, massenkompatibel zu sein und sowohl Männer und Frauen für sich zu begeistern? Oder ist es doch noch immer so, dass die Unterschiede, die bestehen und die nicht erklärbar sind nach wie vor durch Gender Mainstreaming angekreidet werden müssen. Wenn die Werbung und der Konsum so wirklich die Annäherung der Geschlechter betreibe und die Rollenverteilung aufweichen würde, warum werden Frisörleistungen für Männer und Frauen noch immer so unterschiedlich berechnet? Wieso ist die Gehaltsschere zwischen Mann und Frau nicht geschlossen? Und nicht zuletzt: Wieso gehen Männer nicht in Karenz, wenn sie die neuen Frauen sind. Und schließlich muss Frau Kelle sich den Einwand gefallen lassen, dass die Welt die sie kennt, von der sie berichtet, in der Männer die neuen Frauen sind, eine Welt der Besserverdienenden ist, eine Welt in der rosa Hemden für Männer und Kosmetika durchaus eine Rolle spielen können...Dadurch, dass Werbung jedoch per se Massenkommunikation ist und auch Sehnsüchte definiert, könnte an ihrer These etwas dran sein

Auf jeden Fall ein interessanter Beitrag, der weiter diskutiert werden sollte.

Beitrag von Birgit Kelle

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